Brouwersdam 2017
ICH, DER OPTIMIST, AUF ERSTER GROßER FAHRT
Eine große Sache in jeder Hinsicht: Große Gruppe, große Pläne, große Weiten! Dazwischen der Unerfahrene - doch das ändert sich. Am Sonntag fährt auch er, um viele schöne Erfahrung reicher, zurück in seinen Heimathafen.
Am Sonntagnachmittag, den 21.05.2017 schien die Sonne am Baldeneysee. Es hätte ein schöner ruhiger Tag werden können. Stattdessen geschah etwas Sonderbares. Ich wurde in die Höhe gehoben und auf irgendetwas Hohles gelegt. Dort wurde ich festgezurrt und Riemen schnitten mir in die Persenning wie Bändsel ins Segel bei Windstärke acht. Um mich herum vertraute Stimmen, Stöhnen und Hieven. Mir schien als würde der gesamte Fuhrpark des ETUF verpackt und abgeführt. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen, und eigentlich hätte ich das Schlimmste befürchten müssen. Doch das entsprach nicht meinem Typ - und so blieb ich - was ich bin: Optimist! Und ich wartete ab.
Am Mittwoch darauf wurde ich dann belohnt - es ging so richtig los. Ich begann zu ahnen, was geschah. Wir gingen auf große Fahrt! Ich befand mich auf einem Autodach und Wind pustete mir eine trockene, fliegenbeladene Briese ins Gesicht. Es war laut, und der Wind zerrte an mir. Ich hielt durch und nach drei Stunden erreichten wir unser Ziel. Es dämmerte bereits, doch durch ein Loch in der Persenning konnte ich erkennen, dass ich nicht alleine war. Viele meiner Kollegen, 420er, Motorboote und noch andere Schiffe waren genau wie ich hierher gereist und hatten sich am Ufer versammelt. Ein paar Optifreunde standen wie ich rücklings auf dem Autodach, und auch die Segler versammelten sich. Minütlich wurden es mehr. Einige gingen Schnitzel essen, andere nahmen Ihre Zimmer und Strandhäuser in Beschlag. Doch alle kamen zurück und bildeten zu Beginn der Nacht eine ansehnliche Traube von Segelfreunden! Es mussten deutlich über 100 Leute sein - später erfuhr ich, es waren 125. Damit kapierte ich es: Ich war tatsächlich das erste Mal bei der ETUF Segelriegenfahrt nach Brouwersdam dabei. Das hieß, mich erwarteten 4 tolle Segeltage. Und das Wetter war perfekt: Sommer, Hitze, Wind und eine richtig gute Stimmung lagen in der Luft.
Am Donnerstagmorgen wurden die Segler über das Wichtigste aufgeklärt. Norbert Otto wollte seiner Ansprache - zusammengefasst "Safety, Respekt und Vernunft" - Gehör verschaffen und schlug so heftig mit dem Messer gegen ein Glas, das es zerbrach. Die Botschaft kam an, und es wurde ein tolles Miteinander aller Beteiligten.
Tag- und NachtAktiv, so also ISt das Segel-Miteinander
Nach der Einführung wurde ich vom Dach gehievt, zur Liegewiese chauffiert, von Persenning befreit und mit allen Einzelteilen komplettiert. Ich erstrahlte in meiner vollen Pracht. Mein Segel zappelte fröhlich im Wind. Ich dachte, ich wäre bereit auszulaufen. Doch dann kamen die erfahrenden Segeleltern und nahmen mich so richtig fachmännisch unter die Lupe. Der Mast wurde weiter nach hinten gebeugt, die Bändsel gelockert und der Baumniederholer mal so richtig gespannt. Wow, das fühlte sich schon ganz anders an! Es machte richtig viel Sinn, mit ein paar Leuten unterwegs zu sein, die wissen, wovon sie sprechen, und die das dann auch noch gerne an mich Unerfahrenen weitergeben. Ich fühlte mich nach der Optimierung dann so richtig fit für den ersten Trainingstag. Und ich genoss ihn, schoss mit ordentlichem Wind durch die salzige See und wurde besser und besser. Das lag auch daran, dass wir für das Training in kleine Gruppen aufgeteilt wurden, die von jeweils einem Motorboot aus betreut wurden. Wir durften je Tag 2 Trainingseinheiten segeln: Vormittags und nachmittags. Dazwischen wurden die Segler mit Essen und allerhand Theorie versorgt. Das kulinarische Highlight war das Grillen am Freitagabend. Die Sonne wollte einfach nicht untergehen und zauberte eine tolle Stimmung an den See.
A propos Abend: Mit dem Essen wurde uns Optimisten langweilig. Und nicht nur das, ich wurde ziemlich eifersüchtig auf die Motorboote. Während tagsüber die Segelboote die vollständige Aufmerksamkeit ihrer Segler hatten, waren abends alle kleinen bis mittleren Segler total verrückt auf die "Spritztour" mit dem Motorboot. Thomas Mai nutzte das freie Meer zur freien Fahrt mit 50 und 100PS. Die Kinder, die wollten, konnten mit. Und sie wollten alle mit! Und auch die Eltern zogen sich zur Geselligkeit zurück auf die Dachterrasse. Wir Boote wurden zur schönen Kulisse, gemeinsam mit dem Meer und der roten, untergehenden Sonne. Wir hätten unsere Ruhe verdient gehabt, aber auf die mussten wir lange warten. Segler halten nachts lange durch - wieder eine wichtige Erfahrung.
DER WIND BESTIMMT
Eine andere Erkenntnis hat mit dem Wind zu tun, der an der Küste noch launenhafter sein kann als daheim. Am Samstagmorgen lief alles nach Plan. Ein schöner kräftiger Wind war perfekt für unsere Übungen und Spass-Regatten. Es lief richtig gut. Dann am Nachmittag kam eine ziemliche Flaute auf und wir standen, ganz wie zu Hause still. Doch schon eine Stunde später frischte der Wind auf bis hin zu Windstärke 5. Boote kenterten, eine Spriet flog durch die Luft, die Kleinsten mussten aus dem Wasser. Nichts Schlimmes passierte - außer! Die Elternregatta am Abend musste leider ausfallen. Man befürchtete, wir Optimisten würden das Gewicht der Väter beim Starken Wind nicht vertragen. Das "Material" musste geschont werden. Als "Material" bezeichnet zu werden, sagte mir zwar nicht zu, aber in der Sache war ich besser mal d'accord.
DER Schnellste GEWINNT
Die Abschlussregatta am Sonntagvormittag wiederum hatte mit wenig Wind und mittlerweile ziemlich müden Seglern zu kämpfen. Doch alle rissen sich zusammen und segelten eine tolle Wettfahrt. Anton erreichte als erster das Ziel, gefolgt von Finja und Josh und allen anderen. Das gelernte konnte umgesetzt und gezeigt werden. Stolz und Ärger mischten sich in fairer Weise.
Und eins war allen klar: Dies war nicht die letzte Reise! So verbleibt Euer Chronist, mit besten Empfehlungen, der Optimist.
TF