Zum Tod von Gunther Kaschlun
Gunther Kaschlun hat sich seit seinem Eintritt in den ETUF 1951 große Anerkennung und Verdienste weit über das Clubleben hinaus erworben. Meilensteine seiner beispielhaften Karriere im Rudersport waren im Alter von 17 Jahren die Deutsche Jugendmeisterschaft im Achter 1952, sein Start bei den Olympischen Spielen 1956 in Melbourne unter widrigen Umständen, mehrere Deutsche Meisterschaften im Zweier mit Steuermann und im Vierer ohne Steuermann, und 1957 wurden sein Talent und Trainingsfleiß mit der Goldmedaille bei den Europameisterschaften, damals dem weltweit höchsten Internationalen Ruderwettbewerb, in Duisburg belohnt, genau 20 Jahre, nachdem ebenfalls eine Mannschaft des ETUF 1937 Europameister geworden war.
1960 verpasste er im Zweier mit Steuermann nach einer Rennfolge von Sieg zu Sieg, einschließlich der Deutschen Meisterschaft, im damaligen Ost-West-Ausscheidungsrennen nur durch unglückliche Umstände die Qualifikation gegen die späteren Goldmedaillengewinner aus Gelsenkirchen.
Nach seiner Karriere auf den internationalen Regattabahnen widmete er sich zunächst seinem beruflichen Fortkommen im Ruhrkohle-Konzern. 1972 kehrte er mit neuem Elan zum Rudersport zurück, um sich der Vereins- und Verbandsarbeit zu widmen. Er wurde Pressewart der Ruderriege. Im Deutschen Ruderverband beeindruckte er durch seine Konzepte und Ideen im Presseausschuss, ebenso durch seine Arbeitskonzepte für den Ruderclub Deutschland. Die Deutsche Olympische Gesellschaft wusste seine Mitgliedschaft zu schätzen.
Er kehrte als Schiedsrichter – später mit internationaler Lizenz – auf die Regatten zurück, wurde 1974 Vorsitzender des Essener Ruder-Regattavereins und Chef der Hügelregatten und führte sie aus kritischer Lage wieder zu einer renommierten internationalen Regatta. Essen wurde wieder regelmäßig Gastgeber für Deutsche und Internationale Meisterschaften. Er verstand es, durch intensive, kontinuierliche und ideenreiche Arbeit nicht nur die weltbesten Mannschaften für den Baldeneysee zu begeistern und sie hierdurch nach Essen zu holen, sondern er wusste auch das Vertrauen vieler Persönlichkeiten aus Politik und Sportverbänden zu gewinnen.
Dank seines vorbildlichen Einsatzes und seiner bemerkenswert anspruchsvollen Ziele fand er im ETUF wie auch in den Essener Rudervereinen stets aufgeschlossene Mitwirkende. Ein Stück Essener Sportgeschichte sind die Treffen von Sportlern und Funktionären aus der Bundesrepublik mit denen aus ehemals sozialistischen Ländern einschließlich der DDR in der Ruhrlandkaserne auf der Dilldorfer Höhe. Mit Stil und geschliffenen Worten in deutsch, englisch und französisch, gründlichen Sachkenntnissen und beispielhaftem Engagement wusste er seine Gäste bei jeder Gelegenheit zu beeindrucken. Unvergessen bleibt beispielsweise seine Initiative, die Olympiamannschaft 1984 mit einem Empfang auf der Villa Hügel durch Berthold Beitz, damals Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees. In kameradschaftlicher Verbundenheit schuf er mit der Internationalen Wedau-Regatta die Regattakooperation Ruhr, durch die im jährlichen Wechsel eine Große Internationale Ruderregatta für das Ruhrgebiet auch in finanzieller Hinsicht gesichert werden konnte.
Dem ETUF und besonders der Ruderriege war er stets in Dankbarkeit verbunden. Er brachte dies mit langjähriger Vorstandsarbeit in der Riege zum Ausdruck. Zunächst gab er in verschiedene Funktionen, u.a. als Pressewart immer wieder wegweisende Impulse, bis er 1983 zum Vorsitzenden der Ruderriege gewählt wurde. Erneut entsprach er 1998 der Bitte der Riegenmitglieder, sich als Vorsitzender zur Verfügung zu stellen und managte mit Bravour das 100. Riegenjubiläum im Jahr 1999, das Mitglieder und Freunde der Ruderriege in der Villa Hügel zusammenführte. In der Skigruppe der Ruderer zeigte er noch im gesetzten Ruhestandsalter sein motorisches Talent auf steilen Pisten. Dem ETUF diente er - im wahrsten Sinn des Wortes - ab 1989 als stellvertretender Vorsitzender und rechte Hand von Manfred Bodin und ab 1992 bis 2001 in gleicher Funktion Jürgen Rossberg.
Der ETUF insgesamt profitierte von seinem langjährigen, engagierten Einsatz und ehrte ihn 2001 mit der Ehrenmitgliedschaft, und die Ruderriege wählte ihn 2002 zu ihrem Ehrenvorsitzenden und führte anlässlich des 80. Geburtstags von ihm und seinem Bruder Walther eine große Schar prominenter Vertreter des (Ruder-)Sports im Bootshaus zu einer gelungenen Würdigung zusammen.
Gunther Kaschlun war ein eindrucksvolles Beispiel, wie Leistungssportler sich nach ihrer Karriere mit ihrer Erfahrung dem Sport und ihrem Verein zur Verfügung stellen können. Für ihn war der (Ruder)Sport nicht nur Training, Wettkampf und Medaille, sondern eine lebenslange innere Verpflichtung und Bildung.
Lang ist die Liste seiner Auszeichnungen, u.a. wurde er für seine Goldmedaille bei den Europameisterschaften 1957 beim 50. Jubiläum des DRV 1958 in Köln mit dem Silbernen Lorbeerblatt geehrt; die Plakette der Stadt Essen für hervorragende Sportführung erhielt er 1990; die Plakette für besondere Verdienste als höchste Auszeichnung des Deutschen Ruderverbandes für ehrenamtliche Tätigkeit auf dem Rudertag 1997 in Essen und die Sportplakette als ebenfalls höchste Auszeichnung des Landes NRW für Verdienste um den Sport.
Der ETUF und mit ihm eine große Sportlergemeinde in Essen und weit darüber hinaus werden Gunther Kaschlun als zielstrebigen Mitstreiter in dankbarer Erinnerung behalten. Unsere Anteilnahme gilt seiner Frau Hildegard und seinem Bruder Walther.