Führung durch 5 Essener Kirchen
Es war ein schöner Sommertag an dem wir uns auf dem Domhof vor der Hohen Domkirche zu unserer Prozession zu den 5 Kirchen der Innenstadt einfanden. Unter der Führung von Frau Scholten begannen wir am Brunnen ,der das Zusammenfließen Kölner,Paderborner und Münsteraner Seelen zum neuen Ruhrbistum symbolisiert. Daneben die Statue des etwas abwesend blickenden Bischof Hengstbach. Im Innenhof zwischen Anbetungskirche und Dom lauschten wir den Ausführungen über die romanischen Architektur Elemente der Westfassade.Ein paar Stufen hinab zum Eingang der Bischofskirche und die Goldene Madonna zog unsere Blicke auf sich. Befreit aus ihrem Domschatzgefängnis strahlt sie aus der eigens für sie geschaffenen Kapelle in den Kirchraum.
Der Rundgang endete am über 1000 Jahre alten Menoraleuter. Durch den Kreuzgang verließen wir den Ort an dem Äbtissinnen aus kaiserlichem Hause ihre Spuren hinterlassen haben.
Die nächste Station war ein Halt am Ende des Zwölflings,mit einem schönen Blick auf die Altkatholische Friedenskirche,den davor liegenden Jahrhundertbrunnen und der daneben errichteten imposanten Syagoge. Die Friedenskirche war leider nicht zugänglich, sodaß wir an ihrer Stelle die Alte Synagoge besuchten. Das Bauwerk hat die Brandstiftung 1938 der Nationalsozialisten und deren Abrißgelüsten genauso widerstanden, wie dem Bombenhagel der im 2. Weltkrieg auf die „Waffenschmiede des Reichs“ niederging. Das Innere der Synagoge ist stimmig restauriert, eindrucksvolle Rekonstruktion des Altarbereichs mit dem offenen Thoraschrein, diskrete Wand- malereien, Bilder vor der Zerstörung.
Zurück in die multikulturelle Innenstadt, zum Torso der Marktkirche. Kriegsbedingt war sie so weit zerstört, daß man sich als Kompromiss zum Abriss, nach dem Kriege, zum Wiederaufbau der zwei östlichen Joche entschloß. Das Denkmal für Alfred Krupp steht wieder am seitlichen Eingang und schaut auf das bunte Treiben der Menschen an den Marktständen. Wir wurden an den Einzug der Reformation in Essen im 16. Jahrhundert erinnert und bewunderten die stimmungsvollen modernen Glasfenster sowie die spärlichen gotischen und romanischen Säulenrelikte. Der nach Westen weisende Chor, besteht aus Glasplatten in verschiedenen Blautönen, die turmartig die Kirche begrenzen. Apokalyptische Zeichen unterstreichen die mystische Bedeutung des Westens, als dem Ort,an dem Dunkelheit und Üble wohnen.
Die nächste Station erreichten wir über die Viehofer Strasse, über die viele von uns schon seit Jahren nicht mehr gegangen waren und die trotz aller Bemühungen zur Aufwertung der nördlichen City, einen etwas verwahrlosten Eindruck macht. St.Gertrudieskirche am Viehofer Platz - in den 1870er Jahren erbaut, entstand eine riesige Kirche für die Menschen, die in dieser Zeit zu Tausenden arbeitssuchend nach Essen gezogen waren. Der Steinkohlenbergbau hatte sie aus allen Teilen Deutschlands angelockt. Die ursprüngliche Kirche wurde im Krieg stark beschädigt und in den 50er verkleinert aufgebaut. Wir betraten sie von der Rottstrasse aus und mußten zum Kirchenraum mehrere Treppen hinaufsteigen. Hinter dem Altar befindet sich ein modernes, Wand füllendes Mosaik, mit Bildern zu den 7 Sakramenten. Zwei der Darstellungen fanden keinen kirchlichen Segen, das Weinwunder von Kanaan (Ehe) und die Auferweckung des Jünglings von Nain (Krankensalbung, letzte Ölung). Sonst besticht der Raum durch seine Schlichtheit, nur die Statue der Namenspatronin Gertrud von Nivelles ziert die Außenseite. Sie steht dort im Habit der Benediktinerinnen, den Hirtenstab in der linken Hand, auf dem 3 Mäuse hinauf laufen. In der anderen Hand hält sie ein Buch. Sie hat sich für die Gelehrsamkeit von Mädchen eingesetzt und Schulen für Mädchen gegründet. Die ehemaligen gotischen Fensteröffnungen sind teilweise zugemauert, da man nach dem Krieg kein Geld für neue Glasfenster hatte. Mit einem letzten Blick auf die große Rosette stiegen wir wieder hinab. Sorgfältig schloss unsere Führerin die Kirchentür hinter uns wieder ab. „Wenn Sie wüßten, was sonst hier so alles passiert!“
Am Webermarkt die letzte Kirche. Die Kreuzeskirche. Das Presbytherium fackelte Ende des 19. Jahrhunderts nicht lange um für die evangelischen Zugezogenen eine neue Kirche zu bauen. Man fuhr nach Berlin und fand im Wedding eine Kirche die ihnen so gefiel, dass sie eine Kopie in Essen haben wollten. Der Architekt Orth hat sich sicherlich gefreut. Wegen der möglichen Bergschäden veranschlagte er eine Nutzungsdauer von 80 Jahren. Den Krieg hat sie stark beschädigt überstanden. Verbunden mit Renovierung und Besitzwechsel waren auch neu Nutzungen verbunden - Feiern, Konzerte etc. Zuletzt wurde sie mit Fenstern des Pop Art Künstlers Rizzi verschönt.
Dr. Bernd Niedernhöfer