Croe­so i Gymru

„Six-Pack“ war wieder on Tour. Seit vielen Jahren, ja seit Jahrzehnten geht es einmal im Jahr hinaus in die weite, geheimnisvolle und für uns wohlbehütete ET…

„Six-Pack“ war wie­der on Tour. Seit vie­len Jah­ren, ja seit Jahr­zehn­ten geht es ein­mal im Jahr hin­aus in die weite, ge­heim­nis­vol­le und für uns wohl­be­hü­te­te ETUF-Gol­fer oft exo­ti­sche Golf-Welt. Dies­mal hatte man sich auf Wales ver­stän­digt. Am Air­port check­ten ein: Jörg Ma­tena, Hans-Rolf Wal­ter, Nor­bert Hotze, Det­lef Cas­tro, Bernd Wen­sing, Claus Brink­mann, Alex­an­der Streit und Bernd Füs­ser. Hallo? 8 Män­ner und „Six-Pack“? Ein­fa­che Er­klä­rung: Als alles be­gann, waren es 6 mu­ti­ge Gol­fer, die es in die Welt trieb. Daher der Name „Six-Pack“. Nun sind es mitt­ler­wei­le eben acht. Also keine Mogel-Pa­ckung. Viel­mehr ein Hau­fen ge­stan­de­ner Gol­fer mit ge­ball­ter Golf-Kom­pe­tenz, die schon man­ches Aben­teu­er er­lebt haben. Ge­nie­ßen Sie, wie und was Alex­an­der Streit über diese Reise be­rich­tet: Croe­so i Gymru Keine Sorge, es han­delt sich nicht um einen An­fall von Apha­sie, son­dern um wa­li­sisch, ge­nau­er kym­risch (vor Ort: cym­raeg). Dies zählt zur kel­ti­schen Sprach­fa­mi­lie, und be­deu­tet „Will­kom­men in Wales“. Der ge­neig­te Leser ahnt es schon: das Six-Pack war wie­der un­ter­wegs und zwar in Wales, wo die­ser p-kel­ti­sche Dia­lekt noch reich­lich ge­spro­chen wird, was man schnell fest­stellt, wenn man im Au­to­ra­dio ver­zwei­felt einen Sen­der sucht, in dem kein kel­tisch ge­spro­chen wird. Klang­lich er­in­nert das Ganze etwas an einen Hol­län­der, den man zwingt, mit einer Kar­tof­fel im Mund zu spre­chen, also einer in­ter­es­san­ten, aber ab­so­lut un­ver­ständ­li­chen Kom­bi­na­ti­on aus Kehl- und Ra­chen­lau­ten. Ei­gent­lich soll­te der Ar­ti­kel ja „Fly nie mit FlyBe“ hei­ßen, aber es wäre un­ge­recht, ein Su­per­wo­chen­en­de am Ver­hal­ten des gut aus­ge­bil­de­ten Ser­vice­per­so­nals eines Low-Cost-Car­ri­ers zu mes­sen. Aber zur War­nung sei es trotz­dem wie­der­ge­ge­ben. Ge­bucht hat­ten wir Bri­tish Air­ways nach Man­ches­ter, aber (neu­deutsch) ope­ra­ted wurde der Flug von FlyBe. Trotz Be­stä­ti­gung der BA, Golf­ge­päck werde ohne Auf­preis mit­ge­nom­men, be­harr­te das freund­li­che Bo­den­per­so­nal von FlyBe auf einen klei­nen Obu­lus von € 35,-- pro Ta­sche und Weg. Das macht zu­sam­men € 70,--, also ein stol­zes Drit­tel des Flug­prei­ses. Kommt man nun noch auf den ver­we­ge­nen Ge­dan­ken, diese We­ge­la­ge­rer­ge­bühr per Kre­dit­kar­te zah­len zu wol­len, kom­men noch wei­te­re € 5,-- Kre­dit­kar­ten­auf­schlag dazu. Zarte Ver­su­che, die etwas ge­spann­te At­mo­sphä­re mit scherz­haf­ten Fra­gen auf­zu­lo­ckern („Kos­tet das Atmen an Bord auch etwas?“), schei­ter­ten lei­der an der ab­so­lu­ten Hu­mor­re­sis­tenz von Pat und Pata­chon hin­ter dem FlyBe-Tre­sen. We­nigs­tens brach­te uns das Flug­ge­fährt pünkt­lich nach Man­ches­ter und dort war­te­ten, oh Wun­der, auch tat­säch­lich zwei Mini-Vans auf uns, die sich aber als grenz­wer­tig klein er­wie­sen. So hatte „the brain“ als alter Ma­the­ma­ti­ker aus­ge­rech­net, dass er bei drei Tagen Dau­er­re­gen ohne Wasch- und Trock­nungs­mög­lich­keit 6 Pull­over, vier Hosen, meh­re­re Polo-Hem­den nebst einer an­ge­mes­se­nen An­zahl farb­lich kor­re­spon­die­ren­der sons­ti­ger Wä­sche be­nö­tig­te, was dazu führ­te, dass sein Mini-Schrank­kof­fer zwar ein be­que­mes Plätz­chen im Fahr­gast­raum fand, aber für die mensch­li­chen Pas­sa­gie­re auf der Rück­sitz­bank das Platz­an­ge­bot eher spär­lich aus­fiel. (Na­tür­lich hat es in den drei Tagen nicht ge­reg­net, aber so konn­ten die nicht be­nutz­ten Klei­dungs­stü­cke we­nigs­tens knit­ter­frei wie­der nach Hause trans­por­tiert wer­den.) Nach gut einer Stun­de Fahrt er­reich­ten wir Llan­dud­no, ge­mes­sen an der Ein­woh­ner­zahl klei­ner als Rüt­ten­scheid, aber mit zwei 18-Loch-Plät­zen ver­se­hen. Nähme man noch die Stadt­tei­le Bre­de­ney und Hols­ter­hau­sen hinzu, fin­det man noch wei­te­re drei Plät­ze. Wir lagen sogar so gut in der Zeit, einen Zwi­schen­stop im Hotel ein­zu­le­gen. Theo­re­tisch hät­ten wir auch die Zim­mer in Be­schlag neh­men kön­nen, wenn es noch so etwas Alt­mo­di­sches wie Schlüs­sel gäbe. Jetzt sind es Key­cards, die pro­gram­miert wer­den müs­sen, was na­tür­lich nur dann geht, wenn der Com­pu­ter funk­tio­niert und das Pro­gramm nicht ab­ge­stürzt ist. Dann ging es zum ers­ten Platz, dem Conwy Golf Club, ge­grün­det 1890. Zwei Ele­men­te be­herr­schen den Platz, Topf­bun­ker und Gins­ter­busch­wäl­der. Im Mai blüht der Gins­ter, was toll aus­sieht, aber als Hin­der­nis er­weist er sich als töd­li­cher als Was­ser oder Sand. Nicht nur, dass die ver­meint­lich dün­nen Äst­chen brett­hart sind, das Ding steckt auch vol­ler Sta­cheln, was Rolf als ers­ter unter Schmer­zen her­aus­fand, als er mein­te, einen unter dem Gins­ter be­find­li­chen Ball schnell auf­klau­ben zu wol­len. Ge­ra­de auf den back nine sind die Fair­ways recht eng und was im Gins­ter lan­de­te, war ver­lo­ren. Und manch­mal reich­te im Bun­ker nicht ein­mal das 64-Grad-Wedge, son­dern nur der Schlag zur Seite. Der Platz liegt am Rande von Conwy, einem Städt­chen mit mit­tel­al­ter­li­chen Stadt­kern, mit Blick auf die Bay, die Iri­sche See oder die Aus­läu­fer der kam­bri­schen Berge, die bis an das Meer her­an­rei­chen, mit an­de­ren Wor­ten: ma­le­risch. Abends fan­den wir dann ein Ob­dach im „Os­bourne House“, wo es nicht nur Bit­bur­ger vom Fass, son­dern auch le­cker Essen gab. „Tra­di­tio­nal“ ist nicht mehr leicht zu fin­den. Auf erste Nach­fra­ge an der Re­zep­ti­on gab es zur Aus­kunft, dass es viele emp­feh­lens­wer­te chi­ne­si­sche, ita­lie­ni­sche und in­di­sche Re­stau­rants in Llan­dud­no gäbe. Lei­der war das schon vor­her be­schlos­se­ne Grup­pen­vo­tum: „Kein Ita­lie­ner, kein Inder und kein Chi­ne­se!“ Aber nach ei­ni­gem Su­chen ge­lang es uns doch noch, eng­li­sche Küche zu fin­den. Am nächs­ten Mor­gen ging es dann zum Nefyn & Dis­trict Golf Club, an der west­li­chen Küste ge­le­gen. Ge­nau­er ge­sagt, auf der Küste ge­le­gen. Oder noch ge­nau­er ge­sagt, spek­ta­ku­lär auf der Küste ge­le­gen. Man stel­le sich eine schma­le Fels­na­del vor, die 600 m in die iri­sche See ragt. Auf die­ser Nadel lie­gen die 8 Lö­cher des Old Cour­se. Die Loch­be­schrei­bung an Loch 1 be­ginnt mit den Wor­ten, dass nur die tap­fers­ten und längs­ten Spie­ler hier zum Dri­ver grei­fen (und das mit Recht). Wem diese Be­schrei­bung zu wort­karg ist, dem sei ein Be­such auf www.nefyn-golf-club.com an­ge­ra­ten. Dort fin­den sich ein paar aus­sa­ge­kräf­ti­ge Bil­der. Es gibt nur einen klei­nen Wer­muts­trop­fen: mit­ten über die Fels­na­del läuft der Weg zum Strand, der am Wo­chen­en­de auch gut be­völ­kert ist (für den Wa­li­ser ist Strand­wet­ter, wenn die Sonne scheint, die Tem­pe­ra­tu­ren sind ir­rele­vant; glei­ches gilt für Golf­spie­ler: den ver­weich­lich­ten Kon­ti­nen­tal­eu­ro­pä­er er­kennt man so­fort an den mehr­la­gi­gen Klei­dungs­schich­ten bei ge­fühl­ten 6 Grad, wäh­rend der In­su­la­ner bei Sonne kon­se­quent Ber­mu­das und Polo trägt). Das Fuß­volk ist ob vor­sich­ti­ger Ge­wöh­nung nicht scheu, son­dern be­wegt sich mit gro­ßer Selbst­ver­ständ­lich­keit zwi­schen den (nicht sehr brei­ten) Spiel­bah­nen, was bei den kon­ti­nen­ta­len Gäs­ten zu ge­wis­sen Ir­ri­ta­tio­nen führt. Das enge Ne­ben­ein­an­der der Fair­ways führt auch zu ge­le­gent­li­chen un­an­ge­mel­de­ten Be­su­chen von Bäl­len an­de­rer Flights, was nicht immer der Kon­zen­tra­ti­on för­der­lich ist. Manch­mal trägt der Wind zwar ein „Fore!“ her­bei, aber genau so oft ver­weht er es auch, so dass das üb­li­che Golf­warn­sys­tem nur ein­ge­schränkt funk­tio­niert. Dies hatte ge­ra­de auf den Grüns eine eher ge­duck­te Kör­per­hal­tung zur Folge. Glück­li­cher­wei­se ent­spann­te sich die Si­tua­ti­on auf dem rest­li­chen Platz, und auch die Hälf­te der Lö­cher auf den front 10 lie­gen an der Klip­pe. Mit dem Grün­dungs­jahr 1907 ist Nefyn der Ben­ja­min der von uns ge­spiel­ten Plät­ze. Liebe Kin­der, ver­sucht nicht zu Hause nach­zu­ma­chen, was Onkel Alex­an­der auf dem Golf­platz aus­pro­biert hat. Nach­dem at­trak­ti­ve neue Son­der­wer­tun­gen wie Plat­schie oder Woo­die im letz­ten Jahr am Votum der kon­ser­va­ti­ven Geis­ter schei­ter­ten, ver­such­te sich Alex­an­der mit dem „Ber­nie“. Wenn man einen Bernd trifft und ein Par spielt, gibt es einen Son­der­punkt. Ers­te­res ge­lang vor­züg­lich am 11. Loch in Nefyn: ein punkt­ge­nau­er Tref­fer auf die rech­te Ge­säß­ta­sche, das mit dem Par er­wies sich im kon­kre­ten Fall als un­lös­bar. Noch­mals liebe Kin­der, es hat sei­nen Grund, warum in der Golf-Eti­ket­te steht, man solle nicht vor­lau­fen. Aus völ­lig un­ver­ständ­li­chen Grün­den, wei­ger­ten sich alle Bernds je­doch in fast un­sport­li­cher Ma­nier, diese kurz­wei­li­ge Ein­la­ge zu einer Son­der­wer­tung und damit zur stän­di­gen Übung zu ma­chen. Auch am zwei­ten Abend konn­ten wir uns im „Cand­les“ davon über­zeu­gen, dass die wa­li­si­sche Küche mehr kann als fish and chips. Sonn­tag, An­kunft im Presta­tyn Golf Club, es ist win­dig, sehr win­dig, aber die Fri­sur hält. Das Wort „wind chill fac­tor“ er­fuhr hier eine völ­lig neue Be­deu­tung. Der Son­nen­schein sorg­te für rote Köpfe nach der Runde, aber jeder hatte min­des­tens zwei Pull­over an, um we­nigs­tens etwas Kör­per­wär­me zu hal­ten. Presta­tyn ist golf links pur, di­rekt hin­ter der Düne 8 Lö­cher gegen den, 8 Lö­cher mit dem und zwei mit seit­li­chem Wind. Die tur­bu­len­te Luft führ­te zu einem Wech­sel­bad der Ge­füh­le. Par 4, 450 yards, gegen den Wind spiel­te sich wie ein ge­fühl­tes Par 6. Mit dem Wind im Rü­cken konn­te da­ge­gen ein Par 5 mit einem guten Drive und einem mitt­le­ren Eisen ab­sol­viert wer­den. Von den ins­ge­samt fünf Bur­ner-Son­der­punk­ten der letz­ten Jahre (Bur­ner = Par 4 das Grün mit dem Ab­schlag, Par 5 mit dem zwei­ten Schlag tref­fen) konn­ten zwei in Presta­tyn von Fernd und Alex­an­der (Rolf lag mit dem zwei­ten lei­der 10 cm hin­ter dem Grün, wie scha­de!!) er­zielt wer­den. Selbst das Put­ten wurde vom Wind be­ein­flusst. Aber der Platz war klas­se, gut ge­pflegt, harte, schnel­le Grüns, die ein ganz an­de­res Spiel ab­ver­lan­gen als un­se­re Park­land-Kurse. Der gute Zu­stand ver­wun­der­te auch nicht, denn auch in Presta­tyn kön­nen Grüns und Fair­ways seit über 100 Jah­ren ge­pflegt wer­den. Na­tür­lich ging es auch in die­sem Jahr wie­der um den ex­klu­sivs­ten Pokal des Golf­sports, und dies im neuen Ge­wan­de. Nor­bert, irrig davon aus­ge­hend, er habe den alten Pokal ver­schlampt, der sich in Wirk­lich­keit in Jörgs treu sor­gen­der Pfle­ge be­fand, und darob vom schlech­ten Ge­wis­sen ge­plagt, spen­dier­te einen neuen Wan­der­preis, ein wirk­lich statt­li­ches Ex­em­plar, groß genug, um die Asche des ge­sam­ten Six-Packs auf­zu­neh­men, soll­te dies unser letz­ter Wunsch sein. Ge­won­nen haben den Pott, der erst auf Nach­fra­ge (ohne Auf­preis!) mit in die Ka­bi­ne ge­nom­men wer­den durf­te, Claus und Alex­an­der, die alle Par­tien ge­win­nen konn­ten. In An­be­tracht der wirk­lich schö­nen Plät­ze bei ak­zep­ta­blen Green­fees (zwi­schen 30 und 45 GBP) bleibt nur noch eins zu sagen: „Hwyl Fawr, Gymru!“

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